Aus des Teufels Archiven (4):

Der GröLLaZ, oder der wirklich unaufhaltsame Aufstieg des GSV


"Als Kaiser Rotbart lobesam
Zum heil'gen Land gezogen kam,
Da musst er mit dem frommen Heer
Durch eine Landschaft, wüst und leer.
Daselbst erhub sich große Not,
Viel Steine gab's und wenig Brot..."
Ludwig Uhland

"...da hörten sie beide die traurige Mähr',
Dass Frankreich verloren gegangen.
Besiegt und geschlagen das tapfere Heer,
Und der Kaiser, der Kaiser gefangen."
Heinrich Heine

"Und wir ziehen stumm, ein geschlagen Heer,
Erloschen sind unsere Sterne..."
Joseph Victor von Scheffel

Mit den Ostfeldzügen ist das so eine Sache. Irgendwas geht immer schief. Mal ist es zu kalt, irgendwo brennt es, dann sind plötzlich ein paar wichtige Truppen verschwunden, die Kollaborateure erweisen sich als Saboteure, immer nimmt man die falschen Leute mit (Preussen, Italiener oder Rumänen, die einen dann im Stich lassen), und dann fehlen auch noch die gefütterten Winterstiefel. Das grösste Mysterium ist aber bestimmt die Lernunfähigkeit. Der andere Führer zum Beispiel hatte seinerzeit immer die Napoleon-Biographien dabei, so dass er bald den Verlauf des 1812er Debakels auswendig kannte - mit den bekannten Lerneffekten. Und auch den SC Neukloster - nach der möglichen Topaufstellung klarer Landesliga-Favorit - hatte in dieser Saison das Elend schon beim Auswärtsspiel in Neubrandenburg eingeholt: Beim zweitöstlichsten Landesligisten gab es nach einer denkwürdigen Niederlage von Hannes eine deutliche und schmerzhafte 3:5 - Pleite.

Die Entscheidung über den Aufstieg musste daher im Spitzenspiel der 6. Runde gegen den verlustpunktfrei führenden Greifswalder SV fallen. Dummerweise ein Auswärtsspiel gegen den östlichsten Landesligisten, und das auch noch bei der längsten Kältewelle seit einigen Jahren. Man war also gewarnt und wollte diesmal alles richtig machen - sichergehen konnte man nur mit einer Topaufstellung unter Aufbietung aller gemeldeten Spitzenspieler. Diese weise Erkenntnis wurde alsbald in eine deutliche Ankündigung umgesetzt, nämlich in Interview mit der Ostsee-Zeitung (die Ansagen vorher sind ja auch irgendwie eine historische Konstante).

Man durfte sich also in der Besetzung auf den Grössten LandesLigakampf aller Zeiten freuen - historisch war das übrigens bisher PSV Rostock - Neukloster II (!) (3:5), mit 3 IMs, dazu sechs Spieler > 2180. (Vom Durchschnitt her dürfte dieser übrigens doch nach wie vor noch etwas besser sein).

Aber wie es so ist, da lernt man wie ein Wilder aus den Fehlern und es geht dennoch alles schief: Der wichtigste Mann ist irgendwie dennoch nicht da (GM Thomas Luther, der deutsche Meister 2004, wurde nicht gesichtet), die polnischen Hilfstruppen waren ein Totalausfall, der abgeworbene Ex-Greifswalder erwies sich als bestes Pferd im fremden Stall, und am Ende bekamen auch die kalte Füße, die das Blatt hätten wenden können. Greifswald hatte sich hervorragend auf- und eingestellt: An Brett 1 kam der Vorstopper zum Tragen, zum ersten Mal wurde ThomasGrzesik an 2 geholt, und Stefan Kalhorn kam von der 2. Mannschaft als derzeit klar beste Alternative für das achte Brett. Eigentlich war das Ganze als ideale Auffangstellung gegen die Neikloster-Bestbesetzung gedacht (wonach sie immer noch eine 10-20%ige Erfolgswahrscheinlichkeit gesichert hätte), sie erwies sich aber auch gegen das Modell "ohne Luther, aber mit noch einem Polen" als effektiv. (Übrigens: Das "mit noch einem Polen" hatte dann ein ganz spassiges Nachspiel, wir wollen aber die Spannung nicht verderben).

Also: Auf zum Kampfverlauf!

Brett 1 nahm den erwarteten Ausgang. Allerdings sehen wir in den MV-Ligen solche Partiebehandlungen wie die schwarze hier auch oft von Leuten, die nicht als Vorstopper eingesetzt werden.

Seres, Lajos (2410) - Valet, Alexander
LL MVP 2005/06 (Mecklenburg-Vorpommern), 29.01.2006


1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sf6 4.O-O d5? Das gab es auch schon bei einer Frauenolympiade, und der Zug ist wirklich dementsprechend schlecht.
5.Sxe5 Sxe4?? Qualitaet etc. hinterher.
[5...Ld7 holte in der Datenbank tatsaechlich noch einmal ein Remis.]
6.Sxc6 bxc6 7.Lxc6+ Ld7 8.Lxd5 Sf6 9.Te1+ Le7 10.Lxa8 Dxa8 11.d4 Auch den Rest dieser Partie spielt Weiss mit beeindruckender Nervenstaerke.
11...O-O Opfert noch eine Figur, um die Entwicklung abzuschliessen...
12.Txe7 Lg4 13.f3 Lf5 14.Sc3 Dd8 15.Te5 Dd7 16.Lg5 Se8 17.Txf5 Dxf5 18.Le7 Sd6 19.Lxf8 Kxf8 20.De2 Df4 21.Td1 Df6 22.Sd5 Dd8 23.c3 c6 24.Sb4 a5 25.Sxc6 Dc7 26.Te1 Dc8 :-) 27.De7+ Kg8 28.Dxd6 h6 Wird es noch ein Patt?
29.Se7+ Kh7 30.Sxc8 f6 31.Se7 h5 32.h4 Kh6 33.Dd8 Kh7 34.Dg8+ Kh6 35.Dh8#


1-0

Brett drei war auch schnell vorbei, aber überraschenderweise die beste Partie des Kampfes. Hannes bleibt souverän in seinen Ergebnissen gegen z.T. auch sehr starke Spieler (wie etwas Barto und mich), gegen die er sich ausnahmsweise immer durchgehend konzentriert.

Knuth, Hannes (2215) - Bartolomäus, Christian (2181)
LL MVP 2005/06 (Mecklenburg-Vorpommern), 29.01.2006


1.d4 f5? Die falsche Wahl gegen Hannes.
2.c4 Sf6 3.g3 g6 4.Lg2 Lg7 5.Sc3 O-O 6.Sf3 d6 7.O-O Sc6 8.d5 Sa5 9.Sd2?! Doch nicht vernuenftig vorbereitet - das ist die alte Hauptvariante. Es gibt Gruende, warum die Meister hier inzwischen alle
[9.Da4 spielen.]
9...c5 10.a3!? Konsequent, aber wohl nicht das Beste.
10...Sg4 Die angemessene Reaktion. Schwarz sollte nicht zoegern...
11.Dc2 Ld7?! ...und zoegert doch.
[11...Se5 12.b3 f4Unklare Stellung]
12.Tb1?! Besser umstellen:
[12.b3]
12...a6?! Hier ging noch einmal
[12...Se5 13.b3 f4]
13.b3! Vermeidet die Falle
[13.b4? cxb4 14.axb4 Sxc4 15.Sxc4 Tc8- +]
13...b5 Schwarz muss etwas tun, sonst erstickt er. Auf
[13...f4!? folgt jetzt schon
14.h3 Se5 15.g4]
14.Lb2 bxc4 15.bxc4 Tb8 16.h3 Das Zurueckdraengen beginnt.
16...Se5 17.Sd1 f4 Inzwischen hat Weiss sich verstaerkt und kann gelassen kontern.
18.g4 e6?! Stillstand bringt nichts, aber nun geht Schwarz an d6/d5 zugrunde.
19.Lxe5 Lxe5 20.Sc3 exd5 21.Lxd5+ Kg7 22.Txb8 Dxb8 23.Tb1 Dc8 24.Sf3 Weiss steht praktisch schon auf Gewinn, da der letzte Hebel h5 schlicht nicht geht.
24...h5?! 25.Sxe5 dxe5 26.Tb6! Und aus. 26...Tf6 27.Txf6 Kxf6 28.Se4+ Kg7 29.Dc3 Dc7 30.Sxc5! Tadellos. 30...Lc8 31.Sd3 hxg4 32.Sxe5 gxh3 33.Sf7+ Kf8 34.Df6 Ke8 35.Sd6+ Kd7 36.De6+


1-0

Also 2:0! Dabei hätte man (wie bei Nbg-Nkl) hier am ehesten eine Überraschung erwartet, die den Kampf kippen könnte. Dem wurde aber bald abgeholfen durch die katastrophale Vorstellung von IM Jasnikowski an 2. Im Prinzip liess er sich ebenso wehrlos abschlachten wie der Greifswalder Vorstopper an 1, bei schachlich nur geringen Unterschieden:

Grzesik, Thomas (2290) - Jasnikowski, Zbigniew (2472)
LL MVP 2005/06 (Mecklenburg-Vorpommern), 29.01.2006


1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.Ld3 Sc6 5.c3 Ein ruhiges System, das aber schon Capablanca sehr erfolgreich angewandt hat.
5...g6 6.h3 Sh6 7.Sf3 Lg7 8.O-O Lf5?! Der Abtausch der weissen L ist sicher wuenschenswert, aber die Schwaechung der Bauernstruktur wiegt schwerer.
9.Lxh6 Lxh6 10.Lxf5 gxf5 11.Sbd2 e6 12.Sb3 O-O?! Unverstaendlich. Typisch waere bei dieser Struktur die lange Rochade oder der Verbleib des K in der Mitte.
13.Sc5 De7 14.Te1 Kh8 15.Sd3 Tg8 16.Kh1 Tg7 17.De2 Tag8 Dagegen verteidigt W sich leicht und hat genug Kraefte an anderer Stelle.
18.Tg1 Sa5 19.Sfe5 Tc8 20.Dh5 Die mangelnde Koordination der schwarzen Kraefte wird klarer.
20...Dg5?? Das kroent die Partie. Was haben die Greifswalder Zbigniew bloss verabreicht?
21.Sxf7+ Txf7 22.Dxf7 Sc6 23.Dxe6 Tg8 24.Dxd5 Lf8 25.Tae1


1-0

Das war ja sehr gut gelaufen! Und dann gleich noch der nächste Pole an 8:


Kalhorn, Stefan (2094) - Dudzinski, Piotr
LL MVP 2005/06 (Mecklenburg-Vorpommern), 29.01.2006


1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 e6 4.Lg5 Sf6 5.e3 Le7 6.Sc3 Sbd7 7.Tc1 O-O 8.Ld3 dxc4 9.Lxc4 Ganz klassisches Damengambit.
9...c5?! Danach wird der Lc8 lange eingeschlossen bleiben. Capablancas Entlastungsmanoever
[9...Sd5 ist immer noch das Mass aller Dinge.]
10.O-O cxd4 11.exd4?! Den Isolani muss sich Weiss nicht antun.
[11.Sxd4 a6 12.Le2 ist schon deutlicher Vorteil.
12...b5? 13.Lf3]
11...a6 12.De2 b5 13.Lb3 Lb7 Jetzt ist es eine Art Panow.
14.a3?! Etwas langsam.
[14.Se5]
14...Sb6 Konsequenter ist gegen den Isolani stets der Abtausch von Springern:
[14...Lxf3 15.Dxf3 Sb6]
15.Se5 Sbd5 Die Probleme von a3 werden sichtbar.
16.Tfe1?
[16.Sxd5]
16...h6?? Will auch nicht und stellt noch mehr ein.
[16...Sxc3 17.bxc3
(17.Txc3 Se4- +)
17...Lxa3- +]
17.Lxf6 Lxf6 18.Sxf7! Wunderbar. Das Standardopfer reisst die schwarze Stellung nieder, auch wenn Weiss offenbar nicht alles berechnet hat.
18...Txf7 19.Dxe6 Lxd4 20.Sxd5 Lxf2+ 21.Kh1 Lxe1 Die kritische Stelleung.
22.Se7+?!(!) Ueberzieht etwas, allerdings bleibt die Stellung in der Remisbreite und wird schoen bunt. Ausserdem kann nur Schwarz fehlgreifen. Im nachhinein betrachtet, ist es sogar die beste Gewinnchance.
[22.Sf4! De8 23.Tc7 Dxe6 24.Lxe6+=]
[22.Txe1 Lxd5 23.Lxd5 Taa7 24.Dc6 Kh7 25.Lxf7 Txf7 26.Dxa6 De8=]
22...Kh8 23.Dxf7 Lxg2+ 24.Kxg2 Dd2+ Da faellt der letzte Turm. Weiss hat keine direkte Mattdrohung, also sieht alles nach Dauerschach-Ende aus - also Remis?
25.Kf3! Geht volles Risiko und stellt Schwarz noch Probleme.
[25.Kh1 Dxc1 26.Df8+! Txf8 27.Sg6+ Kh7 28.Sxf8+ Kh8 29.Sg6+]
[25.Kh3 De3+ 26.Kg2 Dd2+ waere beides forciertes Remis.]
25...Dxc1?? Faellt schon in die simple Falle.
[25...Df2+?? treibt den wK in die falsche Richtung - er findet schliesslich Unterschlupf am Damenfluegel:
26.Ke4 De2+ 27.Kd5 Dd2+
(27...Dxb2 28.Kc6! Dxc1+ 29.Kb7)
28.Kc6! Dxc1+ 29.Kb7 Ta7+ 30.Kxa7 Dc7+ 31.Kxa6 Dd6+ 32.Kxb5]
[25...Dd3+ macht Dauerschach:
26.Kg2
(26.Kg4 De4+ 27.Kh3 De3+)
26...De2+ 27.Kg1 De3+ 28.Kg2 De2+]
26.Df5 Und es gibt kein Schach!
26...Dg5 27.Sg6+ Dxg6 28.Dxg6 Der Rest ist Technik.
28...Ld2 29.Lc2 Kg8 30.Dd3 Tf8+ 31.Ke2 Lg5 32.Dh7+ Kf7 33.Dg6+ Ke7 34.Dxg7+ Tf7 35.De5+ Kf8 36.Db8+ Kg7 37.Db6 Tf6 38.Dd4 Kf8 39.Dd8+ Kg7 40.Dd7+ Kf8 41.Lb3 Tf4 42.Dd6+ Kg7 43.Dxa6 Lh4 44.De6 Tf2+ 45.Ke3 Tg2 46.Dg8+


1-0

Tja, Ausgleich zum 2:2, und das an den kritischen Brettern! Um so lustiger das Nachspiel: Vor kurzem hatte nämlich der LSV die Ausländerregelung dahingehend geändert, dass wieder nur noch max. 2 Ausländer (EINSCHLIESSLICH ! EU) eingesetzt werden dürfen. Dies wurde hinterher (nach meinen ersten Infos vom LSL, Korrektur: durch den Staffelleiter) festgestellt und deshalb dahingehend entschieden, dass der Verlust von Dudzinski sowieso als Verlust zu werten ist, also alles beim alten bleibt ("Dat bliwwt allns so as dat is" ist ja auch ยง1 der Mecklenburger Landesverfassung). Immerhin wäre wohl auch ein Sieg als Verlust gewertet worden, nach der Regel "die am weitesten von unten zu Unrecht eingesetzten Ausländer werden genullt" (und wer fragt, warum nicht z.B. von oben, wird landrechtlich erschossen). Ich will das nicht kommentieren - in ernsthaften Ligen zählt man so was als 0:8. Übrigens ist das ja sowieso die Hauptmotivation für einen Aufstieg - man hat ab OL einen (manchmal sogar kompetenten) Schiedsrichter und entrinnt dem undurchsichtigen Gefuddel der Landesgremien.

Nach dem 2:2 hätte man ja vielleicht sogar mit einer Greifswalder Führung durch Brett 4 gerechnet, immerhin war man dort lt. Papierform am stärksten favorisiert. Aber es kam nicht ganz so...
Stopsack, Malte (2209) - Westphal, Wolfgang (2117)
LL MVP 2005/06 (Mecklenburg-Vorpommern), 29.01.2006


1.e4 d5 2.exd5 Dxd5 3.Sc3 Da5 4.b4 Das kann man im Blitz, Kaffeehaus oder betrunken schon spielen. In einem wichtigen Mannschaftskampf an dem (Weiss!) Brett, an dem man nach Rangliste die besten Gewinnchancen hat, ist das kriminell fahrlaessig.
4...Dxb4 5.Tb1 Dd6 6.Lc4 Sf6 7.d4? Unfug. Der 1 hat schon eine andere Perspektive. Weiss muss schnell den K-fluegel entwicklen, um ueberhaupt Kompensation zu haben.
7...c6 8.Sge2 a6? Oh Gott. Tempi sind offenbar unwichtig.
9.O-O Weiss koennte hier den Bauern zurueckholen:
[9.Lf4 Dd8 10.Lxb8 Txb8 11.Lxa6+ / =]
9...b5 Die Buechse will das auch spielen, offenbar um a6 zu verteidigen.
10.Ld3 Lg4 11.f3 Lh5 12.a4 Spielt offenbar schon mit dem Gedanken, auf b5 zu opfern. Da d7 befestigt ist, scheint eine Konzentration auf die e-Linie erfolgreicher.
12...e6 13.axb5 axb5 14.Lf4 Dd8 15.Sxb5!? Konsequent. Naja, Anderssen hat noch viel mehr riskiert...
15...cxb5 16.Lxb8 Txb8 17.Lxb5+ Sd7 Die spannende Frage: Bleiben genug Figuren zum Angriff?
18.Sf4 Was tun? Auf
[18.d5 kommt Schwarz unter Bauernopfer zur Rochade.
18...Lc5+ 19.Kh1 O-O]
18...Lg6 19.De2?!
[19.Lxd7+ haelt wenigstens den sK in der Mitte.
19...Kxd7 20.d5]
19...Tb6 Ueberdeckt e6, ist aber zu langsam.
[19...Tc8 weicht zwar aus, dennoch kommt Schwarz nicht kostenlos zur Rochade:
20.La4 Le7 21.Tb7 Tc7 22.Tfb1 O-O 23.Sxe6 fxe6 24.Txc7 Dxc7 25.Dxe6+ Tf7 26.Dxd7 Dxd7 27.Lxd7- / +]
20.Lxd7+?! Nimmt Schwarz endlich die Rochade, aber gerade hier gab eine gute Alternative:
[20.d5 Lc5+ 21.Kh1 O-O 22.dxe6 Sf6 23.Sxg6 hxg6
(23...fxg6 24.e7 Lxe7 25.Lc4+ Kh8 26.Txb6 Dxb6 27.Dxe7)
24.exf7+ Kh7 25.Lc4+ / =]
20...Kxd7 21.d5 Lc5+ 22.Kh1 e5! Die solideste Verteidigung - nimmt Weiss, dann folgt (eigentlich) Damentausch. Komplizierter hat es Schwarz nach
[22...exd5 23.Sxd5 Txb1 24.Txb1]
23.Dxe5 Df6 24.De2?? Boah. Laesst f4 stehen, um den Damentausch zu vermeiden...
[24.Dxf6 Txf6- / +]
24...Thb8?? ...und Schwarz nimmt ihn nicht. Einer der Tiefpunkte des Kampfes.
[24...Txb1 25.Txb1 Tb8! Nutzt die Grundreihenschwaeche.
26.Te1 Dxf4- +]
25.Txb6 Txb6 26.Sd3?! Verliert ein Tempo.
[26.Sxg6]
26...Lxd3 27.Dxd3 g6 28.Te1 Da Schwarz seinen K nicht richtig in Sicherheit bekommt, ist ein Remis der wahrscheinlichste Ausgang.
28...De5 29.Td1 Dd4 30.De2 De3 31.Dc4 Ke7 32.Dh4+ h7 faellt, Weiss hat genug Kompensation.
32...g5 33.Dxh7 De2 34.Ta1 Tg6 35.Dh3?
[35.Dh8]
35...De5 36.Td1 Ld6 37.g3 g4?
[37...De2 38.Df1 Dxc2- +]
38.Df1 Kf8 39.f4 De4+ 40.Dg2 Dxg2+ 41.Kxg2 Danach ist die Verteidigung reine Technik.
41...Lc5 42.h3 gxh3+ 43.Kxh3 f5 44.Td3 Ke7 45.Kg2 Kd6 46.Kf3 Th6 47.Td2 Th1 48.Te2 Ld4 49.c4 Kc5 50.Te6 Kxc4 51.d6 Th8 52.d7 Td8 53.Te7 Kd5 54.g4 Kd6 55.Th7 fxg4+ 56.Kxg4 Ke6 57.Kf3 Lf6 58.Ke4 Le7 59.f5+ Kd6 60.Tf7 Ta8 61.f6 Ld8 62.Kf5 Ta5+ 63.Kg6 Ke6 64.Tf8 Kxd7 65.f7 Le7 66.Tb8 Tg5+ 67.Kh6 Tf5 68.Kg7 Ld6 69.f8=D


1/2-1/2

Immerhin zeichnete sich hier das Remis dann doch relativ bald ab. Im Nachhinein scheint die entscheidende Partie die Zeitnotschlacht an 5 gewesen zu sein, zwischen Greifswalder und Ex-Greifswalder. In dieser aufgeladenen Athmosphäre war selbst bei Wilfried keine Friedfertigkeit vorhanden:


Röhl, Rainer (2075) - Woll, Wilfried (2060)
LL MVP 2005/06 (Mecklenburg-Vorpommern), 29.01.2006


1.d4 Sf6 2.c4 d5? Hat Wilfried die Schachblaetter.de gelesen? Ein paar Tage vor dem Kampf sinnierte dort Stefan Kalhorn ueber diesen Zug Marshalls. Er ist schlecht, da er das Zentrum aufgibt; im konkreten Fall kommt hinzu, dass Rainer abseits ueblicher Pfade meist an Staerke gewinnt. Positiv ist hingegen, dass Wilfried Kampfbereitschaft demonstriert und schon im 2. Zug jedes fruehe Remis ablehnt (die Zuschauer haben wahrscheinlich ihren Augen nicht getraut).
3.cxd5 Sxd5 4.e4 Ganz soliden Vorteil ergibt Sf3.
4...Sb6 Hier gilt der Konter
[4...Sf6 5.Sc3 e5 als besser - deshalb wird 4. Sf3 empfohlen.]
5.Sf3 Lg4 6.Le2 S8d7 7.O-O e6 8.b3?! Eine sehr behaebige Aufstellung.
8...Le7 9.Lb2 O-O 10.a4 a5 11.Sbd2 Sf6 12.h3 Lh5 13.Se5 Nach dem Abtausch der weissfeldrigen L sollte es ok fuer Schwarz sein.
13...Lxe2 14.Dxe2 c6 15.Tfd1 Dc7?! Das einzige Problem ist-wohin mit der Dame? Schwarz sollte einen Springer tauschen, um mehr Platz zu haben.
[15...Sfd7]
16.Tac1 Ld6 17.Sd3 Lb4? Tauscht nicht nur unnoetig den L, sondern kuriert Weiss auch von der Schwaeche b4 und schafft sich selbst einen problematischen Bauern auf b4 an.
[17...Lh2+ 18.Kh1 Lf4]
[17...Le7]
18.Sxb4 axb4 19.Tc5 Df4 20.g3 Db8 21.Tc2 Td8 22.Df3 Se8 23.Dh5?! Weiss offenbart technische Schwaechen bei der Verwertung seiner Gewinnstellung.
[23.Tf1]
23...Dd6 24.e5? Furchtbar. Stellt Lb2 kalt und verschafft Schwarz d5, wonach wieder alles geht.
24...De7 25.Se4 Ta5 Es gibt keinen weissen Angriff.
26.Dg4 Sd5 27.Lc1 f5! im richtigen Moment.
28.exf6 Sexf6 29.Sxf6+ Sxf6 30.De2 Tad5 Mit mindestens Ausgleich. Es beginnt jedoch die Zeitnotphase...
31.Te1 Kf7?! Ehrgeizig. Einfach
[31...Txd4 32.Dxe6+ Dxe6 33.Txe6 Kf7 34.Te3 Td1+ 35.Kg2 Sd5 ist ein besseres Endspiel.]
32.Le3 Tf5 33.g4 Mit Kf7 muss Schwarz aufpassen.
33...Tfd5 34.Tc4 e5? Oeffnet Weiss die Linien.
35.dxe5? Zum Glueck revanchiert der sich.
[35.Lf4! Txd4 36.g5+ -]
35...Txe5 36.Df3 Kg8 Endlich. Nun kommt Schwarz in Vorteil.
37.Tf1?
[37.Kg2]
37...Se4? Wir naehern uns der Horrorphase der Partie, sind aber noch auf dem Level der normalen Ungenauigkeiten.
[37...Td3]
38.Df4? So toll wird das Feld h2 nicht fuer die Dame sein...
[38.Td4 Tf8 39.Dg2]
38...Tf8 39.Dh2 Tf3?!
[39...Sc3- / +]
40.Txb4? Die Vierziger sind da und damit die groben Einsteller!
[40.Dg2]
40...Sc3?? Der letzte "normale" Zeitnotzug schenkt erst einmal einen ganzen Punkt.
[40...Sg3!- +]
41.Txb7 Zum Glueck weiss Rainer nicht, was die Uhr geschlagen hat, und blitzt weiter...
41...Se2+ 42.Kg2 ...und weiter, und noch ist alles richtig...
42...Df6? ...auf der anderen Seite weniger...
[42...Dxb7 43.Dxe5 c5 44.Kh2 Dxb3 mit praktischen Chancen.]
43.Tb8+ Kf7 44.Td1?? ...aber die Entscheidung faellt bei "vier Zuegen drueber", und sie ist verheerend!
[44.Ld2]
[44.Dxe5! Dxe5 45.Tb7+ Kg8 46.Kxf3]
44...Texe3! Und im Truemmerhaufen verrauchten die Neuklosteraner Siegeshoffnungen. Vielleicht hatte ja Rainer (realistisch?) gehofft, dass er fuer die Drecksarbeit in der Landesliga besser bezahlt wird als nach einem Oberligaaufstieg?
45.fxe3


0-1

Dennoch wurde der Kampf eigentlich erst spät nach der Zeitkontrolle in den verbleibenden beiden Partien entschieden. Hier wie dort gab es vor allem schlechtes Schach und am Ende deutlich bessere Endspiele für Neukloster. BEIDE hätten gewonnen werden können, was letztlich den Kampf gedreht hätte. Die beiden jüngsten Neuklosteraner versagten jedoch zu fortgeschrittener Zeit sehr ähnlich und warfen die letztlich entscheidenden halben Punkte weg. HB stand dabei und sah das Elend - trotzdem sind die juristischen Chancen schlecht, ihn erfolgreich auf Rückerstattung seiner jahrelangen Trainersubsidien zu verklagen. Allerdings war er auch schon gestraft genug - war er doch schon aus Berlin geflohen, um nicht die traurigen Ergebnisse seiner Arbeit im entscheidenden Kampf der 2BL Tegel-Rüdersdorf (4,5:3,5) mit ansehen zu müssen, und dann erwies sich die vermeintlich sichere Bank Neukloster als ebenso unsicherer Fluchthafen...


Köpcke, Klaus-Peter (2054) - Hornych, Christoph (2037)
LL MVP 2005/06 (Mecklenburg-Vorpommern), 29.01.2006


1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.Sf3 Sc6 5.Le3? Laut Datenbank gab es tatsaechlich schon einige senile Greise und analphabetische Nachwuchsspieler, die diesen Horrorzug in Sen- und Juniorenturnieren gespielt haben. Der L steht hier schlechter als auf c1, wo er wenigstens b2 deckt und nicht so im Weg steht.
5...Lg4 6.Sbd2 Sf6 7.Le2 e6 8.O-O Le7 9.h3 Lh5 10.b3 O-O 11.Se5 Lxe2 12.Dxe2 Ganz zwanglos steht Weiss schon schlechter.
12...Tc8 13.Sxc6 bxc6?!
[13...Txc6]
14.c4 c5 15.Tfd1 Db6 16.dxc5 Lxc5 17.Lxc5 Txc5 18.Tac1 Damit hat Weiss wieder ausgeglichen.
18...Tfc8 19.De3 h6 20.a3 a5 21.Tb1 dxc4 22.Sxc4 Dc7 23.a4?! Danach wird Weiss einige Zeit b3 verteidigen muessen.
[23.Sd6]
23...Sd5 24.Df3 Tb8 25.g3 De7 26.Tbc1 Df6 27.Dxf6 Sxf6 28.Sd6 Sd7 29.Sb5 b verstopft, fast alles in Ordnung...
29...Kf8 30.Kg2 Txc1?! ...sogar der wT wird aktiviert...
[30...Tbc8]
31.Txc1 Tb7 32.Tc8+ Ke7 33.Ta8 Sc5 34.Txa5 Sxb3 35.Ta8 Sc5 36.Sd4 Td7 37.Sf3 Kd6 38.Sd4 Kc7 39.Ta7+ Sb7 Schwarz muss aufpassen, dass er kein schlechtes Springerendspiel gegen einen entfernten Freibauern bekommt.
40.Sb5+ Kb8 41.Ta6 Sc5 42.Tb6+ Tb7 43.Td6
[43.Txb7+ Kxb7 44.Sd6+ Kc6 45.Sxf7 Sxa4+ / =]
43...Td7?! Bei der Turmstellung auf b7 ist guter Rat teuer.
[43...Ka8]
44.Tb6+
[44.a5! und Schwarz bekommt Probleme, z.B.
44...Txd6 45.Sxd6 f6 46.Se8 Kb7 47.Sxg7 Ka6 48.Se8 f5 49.Sf6 Kxa5 50.Sg8]
44...Ka8 45.Tc6 Sb3 46.a5? Da rechnet Schwarz weiter:
46...Sxa5! 47.Ta6+ Kb7 48.Txa5 Kb6 49.Ta2 Kxb5 Immer noch ein remises Turmendspiel, aber Weiss muss aufpassen.
50.Tc2 Kb6 51.Kf3 Tc7 52.Td2 Kc6 53.Ke4 Td7 54.Ta2 Kd6 55.g4 Ke7 56.f4?! Falsche Aufstellung, gestattet Schwarz die leichte Bildung eines Freibauern.
[56.h4]
56...Tb7
[56...g5]
57.Ta3?!
[57.h4]
57...Tb4+ 58.Kf3 Kf6?
[58...g5 duerfte gewonnen sein.]
59.Ta5?
[59.h4]
59...Tb3+? Immer noch
[59...g5]
60.Kg2 g5 61.f5 Jetzt geht das und rettet wohl knapp das Remis.
61...Tb4 62.Ta6 Ke5 63.fxe6 fxe6 64.Ta2 Tf4 65.Kg3 Tf6 66.h4 Tf1 67.Ta5+ Kf6 68.hxg5+ hxg5 69.Ta8 Da Schwarz immer g5 verteidigen muss, kann er die Absperrung auf der f-Linie nicht aufrechterhalten. Der quaelende Kampf wird noch lange fortgesetzt...
69...Td1 70.Tf8+ Ke5 71.Tf3 Ke4 72.Tf6 Ke5 73.Tf3 Tg1+ 74.Kh3 Te1 75.Kg3 Te4 76.Tf2 Te3+ 77.Kg2 Ke4 78.Tf6 Kd5 79.Tg6 Te5 80.Kf3 Kd4 81.Tg8 Tc5 82.Td8+ Td5 83.Tg8 e5 84.Te8 Td6 85.Tg8 e4+ 86.Ke2 Td5 87.Tf8 Tc5 88.Td8+ Ke5 89.Tf8 Tc2+ 90.Kd1 Tg2 91.Tf5+ Kd4 92.Txg5 e3 93.Tg8 Kd3 94.Td8+ Ke4 95.g5 Txg5 96.Te8+ Kf3 97.Tf8+ Ke4 98.Te8+ Te5 99.Tf8 Kd4 100.Ke2 Te7


1/2-1/2

Kesten, Sebastian (1967) - Schwahn, Christian (2051)
LL MVP 2005/06 (Mecklenburg-Vorpommern), 29.01.2006


1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 b6 4.a3 Lb7 5.Sc3 d5 6.cxd5 exd5 7.g3 Le7 8.Lg2 O-O 9.O-O Sa6 10.Lg5 Te8 11.Tc1 c6 12.Da4 Sc7 13.Tfe1 b5 14.Dc2 Se6 15.Ld2 Db6 16.e3 c5 17.dxc5 Lxc5 18.b4 Lf8 19.Dd3 a6 20.Se2 Tac8 21.Txc8 Txc8 22.Tc1 Txc1+ 23.Lxc1 a5 24.Ld2 axb4 25.Lxb4 Sc5 26.Lxc5 Dxc5 27.Sfd4 Dxa3 28.Dxa3 Lxa3 29.Sxb5 Lb2 30.Sbd4 La6 31.Lf3 Viel ist nicht passiert. Das L-Paar kompensiert den Isolani.
31...g5?! Schwaecht, ist aber noch ok.
[31...Lxe2 32.Sxe2
(32.Lxe2 Lxd4 33.exd4)
32...Kf8=]
32.Sf5 g4 Eigentlich eine ganz huebsche Idee...
33.Sh6+ Kg7 34.Sxg4 Se4? ...wenn man die ungleichen L auch durchziehen wuerde!
[34...Sxg4 35.Lxg4 Lxe2 36.Lxe2 ist elementar remis.]
35.Sd4 Lc8 36.Se5 La6 37.Lxe4? Befreit Schwarz vom Isolani und vergibt den Gewinn.
[37.h4]
37...dxe4 38.Sd7 La3 39.Sb6 Lb4 40.Sd5 La3 41.Sc3 Ld3 42.Kg2 Kg6 43.h3 f5 44.Sd5 Ld6 45.Se6 Lc4 Da der wK effektiv abgeschnitten ist, gibt es keine weissen Gewinnchancen...
46.Sef4+ Lxf4? ...ausser Schwarz tauscht den guten L!
[46...Kf7]
47.Sxf4+ Kg5 48.f3 exf3+ 49.Kxf3 Lb3 50.h4+ Ab jetzt beginnt Weiss ploetzlich technisch sauber zu spielen.
50...Kf6 51.Sd3 Lc2 52.Sb4 Lb1 53.Kf4 h6 54.Sd5+ Ke6 55.Sc3 Lc2 56.Sb5 Lb1 57.Sd4+ Kf6 58.Sf3 Ke6 59.Se5 Lc2 60.g4 fxg4 61.Sxg4 h5 62.Sf2 Kf6 63.e4? Das vergibt den Sieg und den letzten entscheidenden halben Punkt. Dervorgestoss ene Bauer wird Angriffsobjekt und behindert Weiss. Der Gewinnplan besteht in der Umgehung
[63.Se4+ Kg6
(63...Ke6 64.Sg3 Ld1 65.Kg5 Kd5 66.Sxh5 Ke4 67.Sf6+ Kxe3 68.Sg4+ Kd4 69.h5+ -)
64.Ke5 Ld1 65.Sg3 Lg4 66.e4 Lf3 67.Ke6 Lg4+ 68.Ke7+ -]
63...La4 64.e5+ Ke6 65.Se4 Lc2 66.Sg5+ Kd5 67.Sh7 Auch egal, Weiss kann keine Fortschritte mehr erzielen.
[67.Sf7 Ke6 68.Sd6 Ld1 69.Sb7 Lc2 70.Sc5+ Kd5 71.Sa6 Ke6]
67...Lxh7 68.Kg5 Kxe5

1/2-1/2

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