Der Nationalpark Jasmund

Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des Nationalparkes Jasmund e.V.

Nr.12                                                   März 1998


Die Wespenspinne - ein Exot erobert Rügen

Lokale Häufungen im Vorkommen der Wespenspinne 1997

Seit Jahren dominiert sie die Einbandgestaltung für den Spinnenführer eines bekannten Naturbuchverlages. In anderen Bestimmungsbüchern ist sie mit markanten Fotos vertreten: die exotisch anmutende, weiß-gelb-schwarz-gebänderte Wespen- oder Zebraspinne Argiope bruennichi (SCOPOLI). Ihre auffallende Hinterleibszeichnung ist allerdings nur bei den Spinnenweibchen, die drei- bis viermal größer als die Männchen werden, so überaus kennzeichnend.

Die schöne und stellenweise gar nicht so seltene Spinne lebte ursprünglich vorzugsweise im Mittelmeerraum. Überhaupt bevorzugen die rund 150 Arten der Zebraspinnen wärmere Gegenden. Nur die vorliegende Art drang in kalt-gemäßigte Gebiete vor und breitet sich unter geschickter Anpassung ihrer Lebensweise an neue Biotope immer weiter aus. Noch vor fünfzig, sechzig Jahren war Argiope bruennichi in Deutschland lediglich aus der oberrheinischen Tiefebene und aus der Berliner Umgebung bekannt. Seitdem hat diese Spinnenart ihr Areal bis nach England erweitert und auch auf der Insel Rügen neue Gebiete erobert. Niedrige Vegetation an sonnenreichen Stellen vorausgesetzt, findet man sie hier auf feuchten Wiesen ebenso wie auf Trockenrasen und Schuttplätzen, an Uferzonen, Ackerrainen und Feldwegen.

Einzelfunde hier - hohe Funddichte dort

Begünstigt durch den sonnenreichen und trockenen Sommer kam es 1997 im mittleren und nordöstlichen Teil Rügens zu weiteren Ansiedlungen und lokalen Häufungen des Exoten. Zwischen Anfang August und Ende September gelangen bei Flurbegehungen Nachweise adulter Wespenspinnen oder ihrer Eikokons im Randgebiet des Nationalparks Jasmund (Boner Berg bei Rusewase) sowie in angrenzenden Landstrichen (Ackerrain am Steilufer bei Mukran; Schutt-flächen zwischen Rieselfeld und Steinsetzung Dwasieden; Wegrän-der am Spykerschen See und am Mittelsee; Hänge und Uferzonen bei Lietzow).

Von einer Ansiedlung in einem Sassnitzer Hausgarten wurde dem Autor mündlich berichtet (Kutscher , Dorfstraße 10).

Die Funddichte blieb mit ein bis fünf Individuen bzw. Kokons zwar vereinzelt, doch die Fundpunkte erwiesen sich gegenüber Beobachtungen der Vorjahre als neu.

Zahlreicher hingegen waren Funde der Wespen- oder Zebraspinne Argiope an Feldwegen und Wiesenrändern zwischen der Neuendorfer Wiek und Zirmoisel; hier wurden Mitte August maximal bis zu 93 Exemplare gezählt. Interessanterweise reduzierte sich der Bestand in den Folgewochen spürbar. Ende September schließlich konnte keine Wespenspinne mehr nachgewiesen werden., und das Auffinden von lediglich zwei Eikapseln entsprach nicht den Erwartungen, die von der hohen Bestandsdichte zunächst ausgegangen waren.

Dafür wurden zum gleichen Zeitpunkt am Feldweg von Groß-Banzelvitz zum Tetzitzer See sowie am, Südrand der Banzelvitzer Berge mehrere Kokons entdeckt, obwohl hier im Sommer keine Wespenspinnen aufgefallen waren.

Es scheint fast so, als sei der bis Mitte/Ende August gut besetzte Fundpunkt an der Neuendorfer Wiek nur eine ÆZwischenstation" für die heranwachsenden, geschlechtsreifen und befruchteten Spinnenweibchen gewesen, um bis zur Eireife und dem damit verbundenen Kokonbau in andere Siedlungsgebiete abzuwandern.

Mit dieser Annahme soll aber kein direkter Zusammenhang mit den erwähnten oder anderen Kokonfunden konstruiert werden. Es geht lediglich um eine zunächst unbeantwortet bleibende Fragestel-lung. Denn die Expansion der Spinnenart - eingeschlossen ihr weitflächiges Fehlen ebenso wie ihre lokale oder temporäre Häufung - ist m.E. nicht nur dem räumlichen Auseinanderdriften der Jungspinnen nach dem Verlassen der Eikokons zuzuschreiben.

Anders als an der Neuendorfer Wiek gestalteten sich Beobachtungen am Weg von Gnies entlang der Heideberge in Richtung Stadthof/Nonnensee.

Vornehmlich in Höhe der Grabhügel bei Dramvitz fanden sich auf einem Meter Weglänge mehrfach drei bis fünf Wespenspinnen in Fußhöhe nebeneinander, versetzt hintereinander oder im Winkel zueinander. Argiope bruennichi erwies sich an diesen Wegstrecken als dominant gegenüber anderen netzwebenden Spinnen; sie war partiell die häufigste Spinnenart überhaupt. Als Tagesspitzenwert wurden - ohne daß es im zeitlichen Umfeld zu gravieren-den Bestandsveränderungen kam - 169 Individuen gezählt.

Bei Kontrollgängen nach mehreren stürmischen und regnerischen Septembertagen wurden in der niedrigen Krautschicht der unmittelbaren Wegränder noch 72 Tiere aufgefunden. Die Fangnetze anderer Spinnen blieben indessen weitgehend unbesetzt. Ihre Anlage in höherer Vegetation hatte dazu geführt, daß sie während der widrigen Witterungsverhältnisse in weit

größerer Anzahl als die Netze der Wespenspinne zerstört oder beschädigt worden waren. Der fehlende Windschutz verhinderte im Beobachtungszeitraum ganz offensichtlich auch ihre Nachbesse-rung oder Erneuerung. Lediglich im Umfeld windabweisender Brombeerhecken und Brennesselbestände wurden einige intakte und besetzte Netze von Kreuz-, Herbst- und Baldachinspinnen entdeckt.

Erst Ende September ging die Individuenanzahl an diesem Fundpunkt deutlich zurück. Am 28.09.97 verblieben trotz intensiver Suche nur noch 18 Exemplare. Gleichzeitig wurden jedoch 54 Kokons aufgefunden. - Die Entwicklung zu diesem Zeitpunkt hängt in hohem Maße mit der Lebensuhr der schnellwüchsigen, aber kurzlebigen Spinnenart zusammen. Denn mit der Eiablage nach dem ersten und einzigen Sommer hat sich das Leben einer Wespenspinne erfüllt.

Überwinterung im seidenen Himmelbett

Mehrmals konnten seit dem Spätsommer Spinnenweibchen beim Um-spinnen ihrer Eier und dem Befestigen bzw. Tarnen der seidenen Umhüllungen beobachtet werden. Die Kokons aus dicken Fadenlagen und einer pergamentartigen Außenhaut erinnerten auf den ersten Blick an kleine, trockene Mohnkapseln. Sie wurden von der Spin-ne an Pflanzenteilen befestigt und durch baldachinartig zusam-mengewebte Blätter und Halme getarnt.

Wespenspinne mit Kokon

In zwei Fällen saß die Spinne tagelang reglos unter bzw. neben dem Eibehälter. Da beide Kokons nur unzulänglich befestigt und getarnt waren, liegt die Vermutung nahe, daß den Spinnenweibchen bereits die Kraft für diese Verrichtungen fehlte.

Wegen ihres Aussehens, insbesondere wegen der bräunlichen Färbung und wegen des an einen zugebundenen Sack erinnernden oberen Abschlusses, erhielten die Kokons der Wespenspinne den Beinamen "Tabakbeutel". Angesichts der überwiegend kugeligen, kleinen Gespinste, die von mir auf Rügen gefunden wurden, halte ich diese Bezeichnung für unpassend.

Mangels eigener empirischer Daten wird in der Spinnenliteratur bedauerlicherweise oft auf Aussagen bzw. Maßangaben zurückge-griffen, die dem eigentlichen Herkunftsgebiet der Wespenspinne entlehnt und daher gelegentlich irreführend sind. Es ist be-kannt, daß die Körperlänge ausgewachsener Wespenspinnenweibchen südlich der Alpen mit bis zu 21 mm nicht mit den Abmaßen in unseren Breiten verglichen werden kann. Tatsächlich fand ich äu-ßerst selten Exemplare mit einem Körpermaß um und über 15 mm; meistens lag es darunter. Der Logik halber sollte eine solche Maßdisproportion dann auch auf die Abmessungen der Eikapseln zutreffen: Und tatsächlich maßen die größten Kokons nur 25 mm im Durchmesser, während die kleinsten lediglich den Umfang einer Erbse erreichten. - Da muß die verwunderte Frage in einem Spinnenführer, wie es wohl möglich sei, daß die Wespenspinne "tischtennisgroße Eikokons" zustandebringe, doch sehr verwundern...

Mehrheitlich konnte einer Spinne jeweils nur ein Kokon zugeordnet werden. Zwei oder gar drei Kokons einundderselben Spinne blieben auf Ausnahmen beschränkt. Ihre Größe wich dabei deutlich voneinander ab. Die kleineren waren äußerlich heller gefärbt sowie weniger kunstvoll befestigt und getarnt. Angesichts der Größenverhältnisse - es überwogen bei 73 gemessenen Kokons Durchmesser zwischen 15 und 18 mm - muß im o.g. Sinne angezweifelt werden, ob Angaben, in jedem Kokon befänden sich bis zu 300 Eier, in unseren Breiten tatsächlich zutreffend sind. Hier bedarf es entsprechender Untersuchungen und Zählungen, die ich, um die Kokons nicht zu zerstören, vorerst nicht anstellte. Denn leider ist der Abgang durch mechanische Zerstörung (v.a. landwirtschaftliche Arbeiten, aber auch Befahren der dichter besiedelten Wegränder) ohnehin außerordentlich groß. Zahlreiche Kokons sind nach dem Auffinden untergepflügt oder von Landtechnik und Personenkraftwagen geradezu plattgewalzt worden. Es ist mehr als zweifelhaft, ob trotz der wattigen Auskleidung der Kokons einzelne Eier oder Jungspinnen dieser Beanspruchung von außen widerstehen. Eher ist anzunehmen, daß durch Mahd-, Ernte- und Nachfolgearbeiten ganze Populationen ausgelöscht werden. Und das ist eine weitere wichtige Ursache für festgestellte Bestandsschwankungen bei den Wespenspinnen.

Der Nachwuchs schlüpft etwa vier Wochen nach der Eiablage; seine Entwicklung stagniert jedoch vorerst. Denn anders als Jungtiere einiger anderer Spinnenarten, die sich an sonnigen Herbsttagen mit schwebenden Fäden von thermischen Aufwinden oft über weite Strecken verdriften lassen, überwintern die jungen Wespenspinnen in ihrem wärmeisolierenden, vor Nässe schützenden Behälter. Vorausgesetzt, sie überstehen bis zum Frühjahr des Folgejahres die oben beschriebenen sowie weitere Gefährdungen (v.a. eindringende Feuchtigkeit, Pilz- oder Parasitenbefall), verlassen sie erst nach etwa acht Monaten ihr Æseidenes Himmelbett". Einen echten Familienverband aber haben sie trotz ihres langen Zusammenlebens mit den Geschwisterspinnen bis zu diesem Zeitpunkt weder erlebt, noch werden sie einen solchen in den verbleibenden vier bis fünf Lebensmonaten je kennenlernen.

Sie haben sich zum Fressen gern ...

Ich betone diesen Umstand, weil es - m.E. ungerechtfertigt - hin und wieder Bemühungen gibt, den Spinnen ganz allgemein und gelegentlich auch den Wespenspinnen im besonderen eine soziale Determinante zu unterstellen. Dafür werden sehr fragwürdige Begründungen herangezogen; so schlußfolgern z.B. einzelne Autoren (Sauer / Wunderlich) aus Gründen des schubweisen Auftretens auf ein "kolonieweises" Leben der Wespenspinnen.

Doch eine Lebenweise, bei der Wärme und Schutz eines seidenen Wattebausches die mütterliche Geborgenheit und Zuwendung ersetzen ( und seien diese auch noch so niedrig anzusetzen, etwa so, daß Muttertiere und Jungspinnen futterneidfrei und aggressionslos zunächst gemeinsame Fangnetze nutzen, oder daß sich das sterbende Weibchen dem Nachwuchs als erste Nahrung anbietet), - eine solche Lebensweise beinhaltet nach meinem Dafürhalten keine sozialen Aspekte.

Und ebenso gewiß handelt es sich auch nicht um ein koloniebildendes Leben bzw. um eine kolonieweise Besiedlung, nur weil glückliche Umstände dazu geführt haben, daß im Territorium ver-bleibende und in Nachbarschaft heranwachsende Jungspinnen aus mehreren Kokons geradezu explosiv eine lokale oder zeitweilige Häufung im Auftreten bewirken.

Jede einzelne Spinne und wenn ihr Netz auch noch so nahe am Netz eines artgleichen Tieres hängt, bleibt letztlich ein räuberisch lebender Einzelgänger. Es fehlt bei den Wespenspinnen eine Vergesellschaftung, die auf einer Arbeitsteilung (z.B. Bienen, Ameisen), Erweiterung zusammenhängender Wohnstrukturen (z.B. Korallenstock) oder einfachen sozialen Zwecksetzungen (z.B. Schlaf- oder Verteidigungsgemeinschaft) beruht.

Selbst wenn man einräumt, daß das einsame Lauern des Spinnenweibchens auf Beute auch immer ein Harren auf Kontakt mit einem männlichen Freier ist, läßt sich daraus nur schwerlich auf einen sozialen Zusammenschluß im Siedlungsgebiet folgern. Im Gegenteil: Die Annahme jeder noch so elementaren Stufe einer sozialen Organisation wird sofort wieder fragwürdig, wenn man bedenkt, daß unvorsichtige Männchen noch während oder kurz nach der Begattung wie Raupen, Heuschrecken oder andere Insekten zu Beutetieren des Spinnenweibchens werden.

Radnetze mit Liebespfaden?

Nach dem Verlassen der Eikokons wachsen die Jungspinnen relativ schnell heran. In der Sommermitte, nachdem sie sich mehrmals gehäutet haben, sind sie ausgewachsen und geschlechtsreif. Die Weibchen von Argiope bruennichi zeigen ab Ende Juli, Anfang August ihr markantes, eingangs beschriebenes Alterskleid. Tagsüber reglos, kopfüber auf ihren Beutenetzen hängend, treten sie optisch nun weitaus auffälliger in Erscheinung als die kleineren unscheinbareren Männchen.

Der Bauplan, dem die Wespenspinne bei der Anlage ihrer Fangnetze folgt, stellt die Spinnenart zur Familie der Radnetzspinnen. Die aufgefundenen und näher betrachteten Netze der Wespenspinne waren fast ausnahmslos annähernd senkrecht in Bodennähe bzw. in oder über Bodenvertiefungen errichtet. Ihre Größe schwankte zwischen 15 und 30 cm, wobei Durchmesser über 15 cm selten waren.

Um Raum für die Netze zu schaffen, bog die Spinne in der Regel Grashalme, Pflanzenstengel oder Blätter beiseite und spann sie zusammen. Mitunter wurden geschickt Freiräume über Pflanzen mit grundständigen Blättern genutzt.

Die Naben der Netze waren von einem regellosen, feinen, mehr oder minder dichten Gespinst überzogen. Nicht bei allen Netzen war indessen über oder unter der Nabe das für Wespen- oder Zebraspinnen angeblich typische ÆStabiliment" - ein zickzackförmiges Gespinstband aus feinen, lockeren Fadensträngen auszumachen.

  Radnetz  (nach Bellmann 1984/1992)

Um diesbezüglich aussagefähiger zu sein, wurden 267 Radnetze von Wespenspinnen miteinander verglichen.

Lediglich 113 Netze (= 42,3%) wiesen deutlich ausgeprägte Stabilimente auf. Bei 58 Netzen (= 21,7%) waren Stabilimente nur undeutlich ausgeführt oder nur über bzw. unter der Nabe vorhanden. Bei 96 Netzen (= 36%) konnten keine Stabilimente nachgewiesen werden; statt dessen zeigte sich die Nabe oft weitflächiger und dichter verwoben.

Die Wissenschaft unterstellte den Seidenbahnen zunächst eine gewisse Netzstabilisierung als Zwecksetzung; daher rührt auch die Bezeichnung ÆStabiliment". Genau genommen verbinden die Zickzack-Bänder aber immer nur zwei Radialfäden der Netze mit-einander, und das nicht einmal fest. Die von mir untersuchten Radnetze wiesen zwischen 27 und 43 solcher Fäden bzw. Speichen auf. Eine Verfestigung der Netze durch die Zickzack-Bahnen ist deshalb auszuschließen.

Daneben sind die Gespinste auch als "Liebespfad", um die Männchen zur Paarung auf die Netznabe zum Weibchen zu locken, gedeutet worden; doch auch Jungspinnen, die noch gar nicht geschlechtsreif sind, bauen diese Bänder in ihre Netze ein. Schließlich nahm man an, die Seidenstränge seien "Landebahnen" für anfliegende Beuteinsekten oder die Spinne hätte lediglich überschüssigen Spinnstoff abgelagert.

Die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen. Doch stehen der-zeit Meinungen im Vordergrund, die - unter Berücksichtigung der gespinstüberzogenen Netznaben - eine Tarnfunktion der Bänder begründen. Zickzackbahnen, verdichtete Netznaben, auffällige Hinterleibszeichnung und die Fähigkeit der Wespenspinnen, ihr Netz bei Bedrohung in schwingende Bewegungen zu versetzen, sollen nach diesen neueren Auffassungen vermeintliche Angreifer irritieren.

Auch diese Begründung ist nicht in jeder Hinsicht überzeugend. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, daß Stabilimente bei mehr als der Hälfte der von mir untersuchten Netze nur teilweise, nur undeutlich oder gar nicht ausgebildet waren. Es gab sogar vereinzelt Netze, wo darüber hinaus auch die Nabe fast völlig frei von Gespinst war. Die farbkontrastierende Zeichnung des Hinterleibes zeigen nur geschlechtsreife Weibchen so deutlich. Und nur eine (!) von 267 auf dem Netz harrenden Wespenspinnen schwang bei Annäherung und Störung in und mit dem Netz auf und ab. Während andere Radnetzspinnen, z.B. die Vierfleck-Kreuzspinnen, bei Schattenwurf, rascher Annäherung, Berührung der netzhaltenden Pflanzenteile usw. ausgeprägtes Fluchtverhalten zeigen, reagierten Wespenspinnen relativ unempfindlich. Nur bei übertriebenen Störaktionen, z.B. beim ungeschickten Hantieren mit der Fotoausrüstung, verließen mehrere Wespenspinnen minutenlang ihr Netz.

Weiter auf dem Vormarsch nach Norden

Die zugewanderte Wespenspinne Argiope bruennichi stellt eine interessante und zugleich optisch reizvolle Bereicherung unserer langbekannten, einheimischen Spinnenfauna dar. Es ist in hohem Maße bemerkenswert, wie geschickt diese Spinnenart ver-bliebene Nischen in niedrigen Krautschichten nutzt, vor neuen Biotopen nicht zurückschreckt und oft individuenreich Lücken unterhalb der Netzbauten anderer Radnetzspinnen ausfüllt.

Als Verbreitungsgrenze, die aber bereits durchlässig ist, konn-te im Sommer 1997 für den mittleren und nördlichen Teil Rügens etwa die Linie Trent - Sassnitz bestimmt werden. Nördlich die-ser Linie gelegene Einzelfunde sind bei Nachbegehungen bisher nicht bestätigt worden. Andererseits weisen Kokonfunde (v.a. Banzelvitzer Berge, Spyker, Westufer des Mittelsees bei Glowe) auf das Vorhandensein erster Wespenspinnen. Hier wird es vermutlich in den Folgejahren - auch wenn weiträumige Landstriche zwischen einzelnen Fundpunkten nach meinen Beobachtungen nicht besiedelt sind - zu einem vermehrten Auftreten der Wespenspinne kommen.

Für Fundhinweise und Beobachtungen, die meine Annahmen bestätigen oder widerlegen, wäre ich sehr dankbar.

Lokale Verteilung der Wespenspinnenfunde im Sommer 1997

Lokalität Anzahl der Spinnen am Fundort davon auf Netz davon auf Kokon Anzahl der Kokons
Dramvitz

169

166

3

54

zw. Neuendorf und Zirmoisel

93

93

0

2

Lietzow

5

4

1

1

Steilufer bei Mukran

1

1

0

0

zw. Steinsetzung und Kläranlage Dwasieden

3

2

1

3

zw. Boner Berg und Rusewase

1

1

0

0

zw. Groß Banzelvitz und Ostufer des Tetzitzer Sees

0

0

0

5

Südwestrand der Banzelvitzer Berge

0

0

4

4

Feldweg bei Spyker

0

0

0

1

Westlicher Uferweg des Mittelsees bei Glowe

0

0

0

3

272

267

5

73

Dr. Reinhard Bülte

Literatur (Auswahl)

Sauer/Wunderlich : "Die schönsten Spinnen Europas", Karls-feld 1991.

Stern/Kullmann : "Leben am seidenen Faden", München 1981 (neu verlegt 1996).

Baehr/Baehr : "Welche Spinne ist das?", Stuttgart 1987.

Heiko Bellmann : "Spinnen: beobachten, bestimmen", Melsungen 1984 (neu verlegt

1992).

Stefan Heimer : "Spinnen. Faszinierende Wesen auf acht Beinen", Hannover 1997.


Aktualisierung: Es gibt jetzt beim die Möglichkeit, Wespenspinnenfunde in einer Online-Datenbank des DSZF zu melden und einzutragen!


Nachtrag: Jeden Sommer bekomme ich sehr viele Mails mit Fundmeldungen von Wespenspinnen aus ganz Deutschland. An dieser Stelle vielen Dank dafür und eine Bitte um Entschuldigung, wenn ich es nicht schaffe, alle zu beantworten.

Um eine oft gestellte Frage zu beantworten: Die Wespenspinne ist für den Menschen ungefährlich, sie ist sehr beißunlustig, ihr Gift ist recht schwach und ihre Mundwerkzeuge fast nie kräftig genug, um die menschliche Haut zu durchdringen (es sollen allerdings einzelne allergische Reaktionen vorgekommen sein).


Hinweise, Kommentare und Vorschläge bitte an teschke@mathematik.hu-berlin.de

Letzte Änderung: 17.07.1998

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Zurück zur Homepage des Fördervereins